"Plädoyer fürs Bescheidsagen"

 Es ist sehr sinnvoll, seinen Hund darüber zu informieren, dass man jetzt die Richtung wechselt, stehen bleiben oder umkehren will. Dass man ihn jetzt anfassen oder hochheben möchte.

Es ist nicht schön, wenn man gerade in die Gegend oder ein Schaufenster guckt und plötzlich kommentarlos zur Seite gerissen wird, oder? Wenn mir das zigmal am Tag passieren würde, wäre ich ziemlich "grundgereizt" oder hätte keine Lust mehr, mit dieser Person spazieren zu gehen, oder ich würde mich kaum trauen, in Schaufenster zu gucken, weil ich ständig auf sie achten müsste, damit mir das nicht passiert. Dabei würde ich vielleicht sogar gerne mit der Person weitergehen, ich bin nur gerade in etwas anderes vertieft. Leinenführigkeit ist eine Medaille mit zwei Seiten!

 

geschnittendaniela mit gino"Daniela Maletzki mit Gino" Leinenführigkeit hat zwei Seiten!Vom Boden hochgehoben zu werden von jemandem, der das halt einfach so kann, ist bestimmt nicht immer lustig. Geschweige denn unerwartet! Wenn ich gerade mit den Gedanken woanders bin, fände ich es nicht witzig, sondern würde erschrecken, wenn mich jemand (in noch so freundlicher Absicht) auch nur unvermittelt am Arm packt.

Wir haben z.B. ein Signal fürs Hochheben. Bei meinen großen Hunden ist das eher die Info "erschreck dich nicht und mach dich bereit, ich heb dich jetzt hoch", weil sie nicht gern auf dem Schoß sitzen oder herumgetragen werden und außerdem viel zu schwer dafür sind! Also tue ich es fast nur dann, wenn's halt sein muss, z.B. beim Tierarzt. („Fast“ heißt, ich tue es auch hin und wieder, ohne dass danach eine potenziell unangenehme Untersuchung folgt, um sie fürs Ruhighalten zu belohnen!)

Meine Kleine hingegen hebe ich oft hoch, weil sie auf den Schoß will, dann „bittet“ sie auch darum (zeigt mir, dass sie das möchte). Bei ihr kündige ich nicht nur an, ich frage richtig, weil es in vielen Situationen tatsächlich ihre Entscheidung ist. Wenn ich sehe, wie manche Menschen kommentarlos ihr kleines Hündchen hochnehmen oder an der Leine in die Luft reißen, könnte ich ihnen selber in die Finger zwicken. Das ist würdelos und kein passender Umgang mit einem Sozialpartner, den ich ernst nehme und respektiere.

All das erhöht völlig unnötig die Anzahl unangenehmer Einwirkungen auf den Hund, der im ungünstigen Fall nur stumpfer davon wird - oder nervöser und reaktiver. Wir müssen unsere Hunde im Alltag sowieso sehr oft einschränken, sei es zu ihrer eigenen Sicherheit, aus Rücksicht auf andere oder weil es einfach Vorschrift ist. Warum das noch verschlimmern, wenn es oft vermeidbar ist, indem ich meinem Hund vorher Bescheid sage?

Das hat auch nichts mit "vollquatschen" zu tun, wenn man es sinnvoll macht und immer die gleichen Worte verwendet. Es geht nicht um "Ja, was hat er denn, mag das Hundi nicht mit dem Frauli weiter? Riecht's da so gut, hm? Komm, geh, hier, da lang, Karl ...". Sondern einfach um die freundliche Information "Karl, Achtung - wir gehen jetzt woanders hin." Wenn man es konsequent und freundlich zu dem, was sowieso gerade passiert, dazusagt, ist es oft gar nicht nötig, das groß aufzubauen. Wer die Aufmerksamkeit und/oder das Mitkommen verstärken möchte – umso besser!

Im Prinzip reicht es ja schon, den angeleinten Hund mit Namen anzusprechen und dann so ein Eines-für-alles-Wort wie "Komm" zu sagen. Nur bitte nicht einfach stehen bleiben, loslaufen oder abbiegen und dabei den Hund halb von den Füßen rupfen. Das passiert oft gar nicht in böser Absicht, sondern ist höchstens Gedankenlosigkeit. Für die ich hiermit mal sensibilisieren wollte ;-)

Katharina Volk