Warum tut er nicht das, was ich ihm sag? – Teil 3
In Teil 1 und Teil 2 der Reihe „Warum tut er nicht das, was ich ihm sag?“ haben wir uns mit dem beschäftigt, was VOR dem Verhalten kommt (das Signal) und was NACH dem Verhalten kommt (die Konsequenz).
Zusammenfassung:
Ein Signal muss zum richtigen Zeitpunkt eingeführt werden, mit dem entsprechenden Verhalten in Verbindung gebracht werden und es muss generalisiert und diskriminiert werden. Die unmittelbare Konsequenz auf ein Verhalten beeinflusst, ob ein Verhalten in der Zukunft erneut auftritt oder aber gemieden wird. |
Im dritten Teil behandeln wir nun die Frage nach der Motivation und bringen alle bisher besprochenen Themen in einen Gesamtkontext.
In der Psychologie wird „Motivation“ wie folgt definiert:
„Gesamtheit der Beweggründe, Einflüsse, die eine Entscheidung, Handlung o.Ä. beeinflussen, zu einer Handlungsweise anregen“¹ |
Kurz gesagt: die Motivation ist die Bereitschaft bzw. der Antrieb, ein Verhalten auszuführen. Ohne diesen Antrieb – die Motivation – wird ein Verhalten nicht ausgeführt.
Man kann die Form der Motivation unterscheiden in intrinsische und extrinsische Motivation. Bei der intrinsischen Motivation folgt keine Konsequenz von außen auf das Verhalten. Das Verhalten an sich ist selbstbelohnend. Beispiel: Der Hund bellt weil es ihm Spaß macht –> Das Bellen verursacht die Freisetzung von z.B. Dopamin und Endorphin in den Blutkreislauf und kann den Hund dadurch in eine euphorische Stimmung versetzen ohne das irgendwas von „außen“ hinzugeführt werden muss.
Bei der extrinsischen Motivation sieht das anders aus. Der Hund zeigt das Verhalten nicht, weil das Verhalten an sich belohnend für ihn ist, sondern weil auf das Verhalten hin von „außen“ eine Belohnung erfolgt. Beispiel: Der Hund bellt, weil er in der Vergangenheit dafür von Herrchen mit Aufmerksamkeit überschüttet wurde (Aufmerksamkeit vom Halter = Konsequenz von außen zugeführt).
Wenn also die Motivation maßgeblich daran beteiligt ist, ob der Hund ein Verhalten ausführt oder nicht, müssen wir also erst einmal festlegen, was für den individuellen Hund überhaupt motivierend ist. Dies ist je nach Hund unterschiedlich und vor allem auch je nach Situation. Des Weiteren entscheidet die Motivation darüber, ob eine Belohnung auch tatsächlich ein Verstärker ist oder eben nicht.
Ein satter Hund ist nicht motiviert ein Verhalten auszuführen, welches ihm Futter beschert. Ein hungriger Hund hingegen ist eher nicht motiviert ein Verhalten auszuführen um danach ein kräftezehrendes Zergel-Spiel mit Herrchen entgegenzunehmen. Ein Hund, der motiviert ist ein Reh zu hetzen (Achtung: selbstbelohnend!), wird sich vielleicht nicht durch eine Streicheleinheit belohnen lassen wollen.
Weiteres Beispiele:
Bello liebt alle Hunde. Sobald er einen anderen Hund erblickt, gibt es für ihn nur noch ein Ziel: Schnellstmöglich und ohne Umwege zum Artgenossen kommen. Heute ist ein guter Tag und Bello bleibt relativ cool beim Anblick eines anderen Hundes. Herrchen ist ganz überrascht, freut sich und will Bello mit einem Stück Hundekeks belohnen. Bello nimmt das Futter entgegen, zeitgleich dreht Herrchen um und zieht Bello mit in die andere Richtung, weg vom Anblick des Artgenossen. Herrchen hat gut reagiert. Er erkannte, dass Bello ein gewünschtes Verhalten zeigte (–> ruhiges Verhalten beim Anblick eines Artgenossen), allerdings hat er eine unpassende Belohnung gewählt. In dem Fall fungierte die Belohnung (Futter) nicht als Verstärker, d.h. er hat das gewünschte Verhalten nicht verstärkt und somit nicht die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es in Zukunft erneut gezeigt wird. Warum? Weil Bello eine ganz andere Motivation hatte als Hunger. Eine richtige Belohnung wäre in dem Fall vielleicht ein Schritt in Richtung Artgenosse gewesen.
Motivation kann auch darin begründet sein, etwas zu vermeiden. Beispiel: Bringe ich meinem Hund sitzt bei, in dem ich „Sitz“ sage, seinen Po mit Gewalt Richtung Boden drücke und erst los lasse, sobald der Popo am Boden ist und bleibt, so wird er in Zukunft nach einigen Wiederholungen sich auf das Wort „Sitz“ hin hinsetzen, um zu vermeiden, dass Herrchen wieder Druck auf seinen Popo ausübt. Hier führt der Hund also ein Verhalten auf Signal hin aus, um etwas zu vermeiden = Meidemotivation. (Nein, das ist keine Trainingsmethode in meinem „Werkzeugkoffer“!)
Motivation steht häufig in Konkurrenz mit anderen Motivationen = konkurrierende Motivationen. Ich denke, davon kann jeder Hundehalter ein Liedchen singen ? Fiffi und Bello toben gemeinsam im Park. Bello’s Frauchen mag jetzt gerne nach Hause gehen, ruft „Belloooooo, hieeeer her!“ .... Bello würdigt Frauchen nicht einen Blick. Warum? Die Motivation mit Fiffi weiter zu spielen ist größer als die Motivation zu Frauchen zu kommen. Vielleicht weil in der Vergangenheit es nach einem erfolgten Rückruf von Frauchen immer nach Hause ging (Negative Strafe! Der Rückruf wurde vom Besitzer unbewusst mit einer Strafe belegt und damit wurde die Wahrscheinlichkeit, dass das Verhalten in Zukunft erneut auftritt, gesenkt!) oder aber einfach, weil die Belohnung die auf einen Rückruf in der Vergangenheit folgte (Konsequenz auf das Verhalten) nicht so hochwertig war, wie das Spielen mit einem Artgenossen, entsprechend hat Bello auch keine Motivation in der Situation auf den Rückruf zu hören.
Wir können die Effektivität einer Belohnung als Verstärker ändern und somit Einfluss auf die Motivation des Hundes nehmen. Zum Beispiel können wir den Hund den ganzen Tag hungern lassen (nicht empfohlen!) und somit Erhöhen wir die Effektivität von Futter als Verstärker. Haben wir einen Hund, der ständig Futter vom Küchentresen klaut während er alleine ist, so können wir den Hund satt füttern bevor wir das Haus verlassen. Damit können wir die Motivation für das Verhalten nehmen, so dass das Verhalten gar nicht erst auftritt. Entsprechend können wir Motivationen erhöhen (z.B. durch Deprivation (Entzug) der Belohnung), aber auch senken (z.B. durch Sättigung der Belohnung).
Auf unsere Ausgangsfrage „Warum tut er nicht das, was ich ihm sag?“ könnten wir also schlicht und ergreifend auch antworten:
Weil er keine Motivation hat, das gewünschte Verhalten auszuführen!
Fassen wir nun alle drei Teile zusammen, nämlich das Signal (der Reiz) vor dem Verhalten, die Konsequenz (Strafe oder Verstärkung) nach dem Verhalten und die Motivation, dann sehen wir, dass alles zusammenhängt.
¹ „Motivation“ auf Duden online. URL: http://www.duden.de/node/661353/revisions/1346802/view (Abrufdatum: 16. Februar 2017)
Sarah Tappe
mobile Hundetrainerin
Diploma of Canine Behavior Science and Technology (CASI von James O’Heare)
derzeit weitere Ausbildung zurVerhaltensberaterin
(Advanced Diploma of Canine Behavior Management am international anerkannten Compass Education Institut)