Manuela Zaitz |

Immer wieder bekommen Trainer:innen, die sich das positive Hundetraining auf die Fahnen geschrieben haben, folgende oder ähnliche Fragen gestellt:


“Mache ich mich dadurch nicht zum Futterspender?“

Nun, ist es nicht viel sinnvoller, dass der Hund sich einen Teil seines Futters erarbeiten darf, als dass er morgens und abends einfach so seine ganze Portion serviert bekommt? Wieso hat man dabei keine Bedenken, sorgt sich aber, dass es schädlich sein könnte, wenn der Hund für gutes Verhalten zwischendurch belohnt wird?


“Aber wie schaffe ich denn ohne Strafen, dass mein Hund mich respektiert?“

Denken wir zurück an unsere Schulzeit. Welche Lehrer haben wir respektiert? Die, die fair und freundlich waren! Die klar in ihren Aussagen waren und uns motiviert haben! Die uns das Gefühl gegeben haben, wir können es schaffen!


Es waren nicht diejenigen, die wir wegen ihrer Ausbrüche und Strafarbeiten gefürchtet haben. 
Respekt muss man sich verdienen, bei Menschen und auch bei Hunden. Und das erreiche ich am besten, indem ich den größten Vorteil nutze, den ich dem Hund gegenüber habe: Ein Gehirn, das ich zum planvollen Handeln einsetzen kann. Indem ich Übungssituationen schaffe, die für den Hund gut zu bewältigen sind. Indem ich Grenzen gewaltfrei setze und indem ich einfach auch mal Spaß mit meinem Hund habe!



“Ist das nicht Laissez-faire-Erziehung? Man muss doch auch mal Grenzen setzen!“


Ja, Grenzen setzen gehört dazu. Aber man kann Grenzen auch gewaltfrei setzen, diese positiv aufbauen.



“Ist das nicht unrealistisch? Im Alltag gibt es doch immer mal doofe Situationen!“


„Shit happens“ ist in Amerika ein geflügeltes Wort. Ja, es gibt immer mal doofe Situationen. Aber wir müssen klar unterscheiden zwischen gut geplantem Training und Dingen, die ungeplant auf einmal passieren.

Je besser und durchdachter mein Training ist, desto mehr Alternativen lerne ich selbst, die ich mit meinem Hund in Alltagssituationen anwenden kann.



“Aber bei manchen Hunden kommt man mit Leckerchen nicht weiter!“

Die Gabe von Keksen ist auch nicht die einzige Möglichkeit, einen Hund zu belohnen. Das Training mittels positiver Bestärkung fußt nicht allein auf der Gabe von Keksen, sondern darauf, für den Hund passende Verstärker zu finden und diese situationsgenau einzusetzen, um das jeweilig erwünschte Verhalten zu verstärken.



“Ich will nicht mein ganzes Leben lang mit Futterbeutel rumrennen.“

Häufig kommt dieses Argument von Menschen, die aber stattdessen schon ein halbes Leben lang an der Leine herumrucken, ist das die bessere Alternative? 
Man muss nicht den Rest seines Lebens mit Futter „herumrennen“, man kann so viele Möglichkeiten finden, den Hund in seinem guten Verhalten zu bestärken. Das Ganze nur auf Futter zu reduzieren, ist phantasielos.



“Im Wolfsrudel wirft auch keiner mit Wurstzipfeln.“


Stimmt! Aber kein Hund verlangt von einem anderen Hund ein Sitz, Platz, Bleib, Leinenführigkeit … und … Hunde sind keine Wölfe!

„Hunde/Wölfe machen das untereinander doch auch so.“


Ja, und Hunde lecken sich auch an den Genitalien, wälzen sich in Fuchskacke, fressen Unrat. Das kopieren wir doch auch nicht. Warum nicht? Weil wir keine Hunde sind. Und darum sollten wir auch nicht versuchen, Dinge zu tun, die Hunde untereinander tun.

„Bei meinem / einem wirklich aggressiven / einem … Hund funktioniert das aber nicht.“


Verhalten, das sich lohnt, wird wiederholt. Das ist schon durch die Evolution bedingt.

Sorgen wir doch dafür, dass sich – für uns – angemessenes Hundeverhalten lohnt. Jedes Lebewesen lernt nach den Gesetzen der Lerntheorie! Das Anwenden derselben kann man lernen.



“Ihr vermenschlicht die Hunde.“

Niemand von uns möchte Hunde vermenschlichen. Manchmal wählen wir menschliche Beispiele, um absurde Trainingstechniken besser verdeutlichen zu können. 
Es ist nach heutigem Wissensstand unbestritten, dass Tiere über Gefühle haben. Dieses Wissen anzunehmen und nach einem sinnvollen und bedarfsgerechten Training zu streben, ist keine Vermenschlichung.



“Diesen modernen Schnickschnack (Clicker) braucht’s doch gar nicht / haben wir noch nie gebraucht.“

Ja, und früher brauchten wir auch keine Handys, kein Auto und Fernsehen schonmal gleich gar nicht. Die Zeit schreitet voran und mit ihr die Technik und das das Wissen. Seien wir doch up to date … und das nicht nur beim Handy.

„Wer ein souveränes Auftreten / „Persönlichkeit“ hat, braucht keine Leckerlis.“


Niemand mag arbeiten ohne „Bezahlung“, egal wie souverän der Chef ist. Warum ist es so verwerflich, Hunde für gutes Verhalten zu entlohnen, nicht aber, die Mahlzeiten gratis im Napf zu servieren? Warum einen – für viele Hunde – so wichtigen Verstärker nicht nutzen? 
Und nochmal… positiv bestärken ist nicht auf die Gabe von Leckerchen beschränkt!


Autorin: Manuela Zaitz

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Titelbild © Jenny Müller